Jannik Kurz

Als er an der Modefachschule Sigmaringen seine Ausbildung zum Modedesigner und Maßschneider begann, konnte er nicht nähen, hatte aber einen großen Traum: einmal opulente Kleider für ein renommiertes Haute-Couture-Label zu entwerfen. 2017 gewann er mit 21 Jahren und kurz vor seinem Abschluss an der Modefachschule Sigmaringen mit einem von ihm entworfenen Ballkleid den begehrten Leipziger Opernball Award. Seit Dezember 2019 ist Jannik Kurz Gewandmeister am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und arbeitet parallel dazu als freier Kostümbildner. Sein Ziel hat er dabei nicht aus den Augen verloren. Im Gegenteil: Talent, Fleiß und Ausdauer sowie diverse Auszeichnungen bringen ihn seinem Traum Stück für Stück näher.


Modefachschule Sigmaringen: Im Sommer 2018 hast Du deinen Abschluss als Modedesigner und Maßschneider an der Modefachschule Sigmaringen gemacht und kurz davor eine wichtige Auszeichnung erhalten, für den einige bereits etablierte und bekannte DesignerInnen mit dir konkurrierten  – den Leipziger Opernball Award (L.O.B. Sophisticated Fashion Award 2017). Danach hast Du die Meisterschule bei uns absolviert.* Aktuell bist Du Gewandmeister am Hessischen Staatstheater Wiesbaden, hast Dir auch als Kostümbildner einen Namen gemacht und wurdest für die Kostüme in der Inszenierung „Digitales Feuer“ vom Theaterverlag sogar als bester Nachwuchskünstler 2023 benannt. Chapeau! So sieht Erfolg aus. Hast Du das alles so schon kommen sehen?

Jannik Kurz: Das ich beim Theater lande, war so sicherlich nicht geplant, denn zur Bühne hatte ich vorher eigentlich keinen Bezug und wollte da auch gar nicht hin (lacht). Begonnen hat meine Designerkarriere mit einem Traum, in dem ich mich schon in Paris sah – extrem aufwendige Kleider für Haute-Couture-Label entwerfend. Dabei hatte ich bis dahin noch kein Stück genäht, aber viele Ideen im Kopf. Bei meiner Suche nach einer Ausbildung in diesem Bereich stieß ich auf die Modefachschule Sigmaringen, die wie meine Heimatstadt Crailsheim in Baden -Württemberg lag, mich nach einem Bewerbungsverfahren trotz fehlender Nähkenntnisse aufnahm. Plötzlich war ich mittendrin in der Ausbildung zum Modedesigner und zum Maßschneider – eine Kombination, die mir jetzt zusammen mit der später angehängten Ausbildung zum Maßschneidermeister wirklich zugute kommt. Weil ich alles, was ich entwerfe, auch selbst nähen beziehungsweise als Gewandmeister beurteilen kann, ob ein mir von einem Kostümbildner/einer Kostümbildnerin vorgelegter Entwurf technisch so wie gewünscht überhaupt umsetzbar ist.

Wie leicht kann man in der Modebranche deiner Meinung nach Karriere machen?
Es ist alles andere als leicht, das muss jedem bewusst sein. Getragen vom Glauben, nur durch harte Arbeit mein Ziel erreichen zu können, habe ich mich zum Glück während der Schulzeit ziemlich angestrengt und nahezu jede Optionen ergriffen, die ich hatte. Dazu gehörte etwa die Schnittausbildung, die sich im  Rückblick als sehr gut erwiesen hat und außerdem die vielen Möglichkeiten, die sich in den individuellen Modulen bieten. Mein Ballkleid für den schon erwähnten Leipziger Opernball Award entstand in über 300 Stunden – allerdings neben dem Ganztagsunterricht und in meiner Freizeit. Manchmal staune ich selbst, zu welch eigentlich verrückten Aktionen ich bereit war, um meinem Ziel näher zu kommen. Das ist bis heute so geblieben. Denn ich arbeite ja nicht nur als Gewandmeister am Hessischen Staatstheater, sondern parallel zu meiner 40 Stunden umfassenden Vollzeitstelle auch noch als Kostümbildner für diverse Produktionen.

Wie bist Du denn beim Theater gelandet?
Nachdem ich den Meisterbrief in der Tasche hatte, stand ich natürlich vor der Frage, wie es weitergeht. Nach beinahe vier Jahren an der Modefachschule Sigmaringen war mir jedoch klar geworden, dass die Ausbildung zwar eine sehr gute ist, der direktere Weg zu einer Stelle bei einem internationalen Haute-Couture-Label aber vielleicht eher eine der Schulen in London oder Paris gewesen wäre. Die Modefachschule genießt deutschlandweit einen guten Ruf und einige Ehemalige arbeiten bei internationalen Labels. Aber wie in anderen Bereichen auch zählt bei der Bewerbung manchmal eben die Tatsache, gewisse Namen und Stationen droppen zu können. Der LOB-Fashion-Award reicht als zusätzliches Highlight da nicht aus. Als mich nach Abschluss der Meisterklasse eine meiner Dozentinnen darauf hinwies, dass am Hessischen Staatstheater in Wiesbaden für ein halbes Jahr eine Stelle als Herrengewandmeister neu besetzt werden würde, habe ich mich vor dem Hintergrund dieser gewonnenen Einsicht beworben –  obwohl Theater für mich eigentlich zu wenig Fashionaspekte hatte. Ich wurde tatsächlich dort angenommen. Danach purzelte ich in diese mir unbekannte Theaterwelt einfach hinein und war erst einmal mit gefühlt tausend Unbekannten konfrontiert.

Welche Unbekannten waren das?
Zunächst einmal waren das die ganzen fachspezifischen Begriffe und die mir fremde und ganz eigene Theaterwelt überhaupt. Vom Beruf des Gewandmeisters hatte ich zugegebenermaßen auch ein etwas falsches beziehungsweise unklares Bild. Mir war vorher nicht wirklich klar, wie sehr technisch dieser Beruf doch ist. Meine Aufgabe als Gewandmeister besteht hauptsächlich darin, den/die KostümbildnerIn bei der Umsetzung ihrer Ideen zu unterstützen. Er/Sie legt mir dafür Fotos und Illustrationen vor und ich berate ihn/sie dabei, ob ein Outfit komplett neu umgesetzt werden muss oder ob dafür Kleider gekauft beziehungsweise aus dem Fundus genommen und umgearbeitet werden.

Danach nehme ich bei den jeweiligen SchauspielerInnen Maß und gebe die entsprechenden Aufträge zusammen mit technischen Anweisungen zur konkreten Umsetzung der Kostüme an die Schneiderei weiter; bis das Ganze perfekt passt und die Vorstellung der Kostümbildnerin/des Kostümbildners möglichst optimal trifft. Der Gewandmeister übernimmt also eine wichtige Rolle bei der Realisation, aber mir war das zu wenig kreativ. Darum war mir irgendwann klar, dass ich mich auch im Kostümbild ausprobieren will. Ich hatte das Glück, meine Ideen erst einem Schauspieler und dann einem Regisseur präsentieren zu können. Auf diese Weise rutschte ich mehr und mehr ins Fach Kostümbild hinein, das am Theater meist mit freien Mitarbeitern besetzt wird, die sehr flexibel sein müssen.

Das hört sich nach einem ziemlichen Spagat und wieder einmal nach zeitintensivem Engagement an...
Das ist tatsächlich so. Die Vollzeitstelle als Gewandmeister und zusätzlich der Job als freier Kostümbildner verlangen viel von mir ab. Und ich habe gemerkt, dass dieser Stress auf Dauer meiner Kreativität und auch meiner Work-Life-Balance schadet. Ohne Zweifel: Ich mag das Handwerk und ich mache gerne Schnitte. Die Zeit hier am Theater mit all ihren Erfahrungen und Lernfeldern war außerdem großartig. Aber ich habe gespürt, dass da noch immer ganz stark dieser Traum da ist: Ich will Designer sein. Denn in mir sind so viele Ideen, die einfach raus müssen! Darum sieht mein aktueller Plan auch so aus, dass ich noch bis zum Sommer 2024 als Gewandmeister hier in Wiesbaden am Staatstheater bleibe und auch weiter als freier Kostümbildner arbeite. Danach aber will ich erst einmal nur noch als freier Kostümbildner durch die Welt reisen und schauen, wohin mich dieser neue Weg trägt. Womöglich doch noch ganz nach oben. Man träumt ja nie aus.

Das Interview mit Jannik Kurz führte Karin Kontny (Stand Februar 2024).

*Meisterklasse (halbjährig in Vollzeit) an der Modefachschule Sigmaringen in Zusammenarbeit mit der Bildungsakademie Sigmaringen der Handwerkskammer Reutlingen.

https://jannikkurz.de

 

Fotos
1)
Mofa-Alumnus Jannik Kurz ist aktuell Gewandmeister beim Hessischen Staatstheater Wiesbaden und arbeitet zudem als Kostümbildner für verschiedene Produktionen.

© Foto: privat

2a und b)
Und so sahen die fertigen Outfits für die Inszenierung „InstaMe“ (Regie: Christoph Kohlbacher) in der Spielzeit 2021/2022 am Staatstheater Wiesbaden“ aus, die auf Basis von Jannik Kurz’ Illustrationen entstanden sind. Kurz war bei dieser Uraufführung für das Kostümbild verantwortlich.

© Illustration: Jannik Kurz

© Foto:  Andreas Etter/ Hessisches Staatstheater Wiesbaden

3a und b)
Die Kostüme für die Inszenierung „Digitales Feuer“ (Regie: Christoph Kohlbacher/Hessisches Staatstheater Wiesbaden) brachten Jannik Kurz (Kostümbild) eine Auszeichnung als „Nachwuchskünstler 2023“ vom renommierten Theaterverlag ein.

© Foto: Jannik Kurz

© Illustration: Jannik Kurz

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