Mit dem Modul „Stick und Stepp“ bietet die Modefachschule Sigmaringen ihren
SchülerInnen die Möglichkeit, sich kreativ auszutoben und gleichzeitig ihr
handwerkliches Portfolio zu erweitern. Die Modedesignerin Nora Kühner und der
Textil- und Stickexperte Reiner Knochel begleiten den zweitägigen Kurs als
Coaches. Und vor allem mit ihrer Erfahrung aus der Praxis. Vier TeilnehmerInnen
des Moduls berichten, wie sie den Workshop erlebt haben.
„Ich hab’ schon ein paar Erfahrungen, was den Schnitt betrifft. Beim Arbeiten mit
Steppstoffen habe ich aber ziemlich schnell gemerkt, wie schwierig es ist, meine
Ideen mit diesem Material auch umzusetzen. Ich plane ein Kleid mit langer Schleppe
und habe das Ganze schon an der Büste mit Nesselstoff drapiert. Der Steppstoff ist
aber deutlich dicker und darf zum Beispiel beim Nähen nicht überdehnt werden. Im
Modul habe ich gelernt, was ich verändern muss, wenn meine Vorstellungen sich
nicht Eins zu Eins umsetzen lassen. Ich bin flexibler und dadurch auch kreativer
geworden. Was mich außerdem fasziniert hat ist die Erfahrung, wie man zum
Beispiel durch das Nachnähen von Nähten mit Stickgarn extreme Highlights in ein
einfaches Steppmuster setzen kann.“
Lea-Charmaine Reichelt, 18 Jahre, 1. Jahrgang
„Ursprünglich habe ich das Design für diese Jacke bereits für ein anderes Projekt
entworfen, bei dem ich mit einem leichten Stoff gearbeitet habe. Dieses Design
wollte ich nun auf das Modul übertragen. Aufgrund des doch ganz anderen Materials
war mein Entwurf von seiner eigentlichen Optik aber plötzlich ziemlich weit entfernt.
Die Verarbeitung war viel schwieriger, als mit einem leichten Stoff. Nähte etwa
müssen bei Steppmaterial viel besser versteckt werden. Gut, dass ich trotz der
anfänglichen Schwierigkeiten drangeblieben bin und uns die Dozenten auch immer
wieder dazu motiviert haben. Es war cool, dass ich meinen ganz eigenen Weg gehen
durfte. Meine Jacke ist jetzt fertig.“
Pascal Mehlis, 20 Jahre, 2. Jahrgang
„Insgesamt 24 Taschen finden sich an der gesteppten Bomberjacke, die ich
entworfen habe. Im Moment arbeite ich an der größten Tasche der Jacke, einem
abnehmbaren Rucksack. Jede einzelne Tasche hat übrigens auch eine Funktion und
ist nicht nur zur Deko da, sondern so richtig was für Jäger und Sammler! Ich nehm’
schon zum zweiten Mal an diesem Modul teil, weil wir im regulären Unterricht nicht
mit diesem Material arbeiten. Auf Steppstoff musst du dich komplett einlassen!
Mittlerweile weiß ich auch, dass ich Schnitte größer berechnen muss also sonst, weil
es sonst nicht passt. Stepp ist einfach so voluminös, da fällt alles ganz anders aus.
Wahrscheinlich werde ich mit der Jacke im Kurs nicht ganz fertig. Super, dass
unsere beiden Dozenten uns aber auch über das Modul hinaus mit Rat zur Seite
stehen.“
Celine Walentowski, 19 Jahre, 3. Jahrgang
„Ich mache die Ausbildung zur Modedesignerin und zur Maßschneiderin und bin
sonst an eher engere Vorgaben gewöhnt. So ohne Limit zu arbeiten, ist mir am
Anfang des Moduls nicht leicht gefallen. Es war eine echte Herausforderung! Zumal
unsere Dozenten uns auch dazu aufgefordert haben, einen ungewöhnlichen Umgang
mit dem Thema Stick und Stepp zu wählen. Meine Jacke spiegelt das jetzt glaube ich
auch ganz gut wider. Sie kann zum Beispiel auf mehrere Arten getragen werden.
Das Cape lässt sich in eine Kapuze verwandeln oder eben auch in einen riesigen,
voluminösen Kragen. Das Flechtmuster am Rücken und die blauen Nähte, die das
Steppmuster wiederholen, setzten wie ich finde ganz besondere Akzente. Ich bin
echt total zufrieden damit und freu’ mich schon darauf, meinen eigenen Entwurf zu
tragen.“
Ana Costiuc, 23 Jahre, 2. Jahrgang
„Weg von einer eher langweiligen Verarbeitung von Steppstoffen, diesen Ansatz des
Moduls fand ich von Anfang an toll. Obwohl ich natürlich als absolut beginner in
diesem Bereich wusste, dass es nicht einfach werden wird mit dem Material. Man
muss extrem sauber nähen, damit etwa Nahtzugaben wie hier am Kragen meiner
Unisex-Jacke nicht sichtbar sind. Ganz besonders deswegen, weil durch den
gestickten Schriftzug, der bei hochgeklapptem Kragen sichtbar wird, der Fokus auf
genau dieser Stelle liegt.“
Stefan Popoviç, 20 Jahre, 2. Jahrgang
Die DozentInnen:
Nora Kühner, Modedesignerin, arbeitet seit vielen Jahren mit Firmen zusammen, die
industriell Steppungen anfertigen. Besonders der kreative Umgang mit dem Material
ist ihr wichtig. Den KursteilnehmerInnen des Moduls macht sie darum Mut, eigene
Zeichen zu setzen und sich nicht mit dem Einfachen zufrieden zu geben. Gleichzeitig
setzt sie auf die Vermittlung fundierter handwerklicher Kenntnisse: „Denn genau
diese Kombination aus Kreativität und Handwerk wird durch nichts ersetzt werden
können.“
Reiner Knochel, Textilexperte, findet es absolut spannend, die Themen Sticken und
Steppen zusammenzubringen. Und stellt fest, dass die Kombinationsmöglichkeiten
noch viel zu wenig bekannt sind. „Wer diese Möglichkeiten in der Ausbildung nicht
kennenlernt, der lässt sich beschränken – nicht nur vom Argument angeblich zu
hoher Produktionskosten.“ Sein Fokus liegt darum auf industriell fertigbarer
Individualität, die sich von Massenware abhebt. Mit kleinen Mitteln große Effekte zu
setzen – das ist seine Kunst. Und die vermittelt er mit Leidenschaft und Erfahrung
aus der Praxis.
Jutta Erb, Modedesignerin und Dozentin an der Modefachschule Sigmaringen,
unterstützte das Modul „Stick und Stepp“ beim Punchen und beim Ausarbeiten der
Stickmotive.